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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Parteien

Politische Parteien sind wesentliche Elemente moderner Demokratien. In der Massengesellschaft ist es dem einzelnen Bürger kaum möglich, den politischen Entscheidungsprozess zu beeinflussen. Politische Beteiligung erfolgt daher vor allem über die Mitarbeit in Parteien. Diese wirken an der politischen Meinungsbildung im Staat mit und bestimmen das politische Leben. Nicht umsonst wird die Bundesrepublik Deutschland als Parteienstaat oder Parteiendemokratie bezeichnet.

Aufgaben der Parteien

Die Aufgaben und der Status der Parteien werden im Grundgesetz (Art. 21) genau festgelegt:

"(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben." Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes besitzen die Parteien den "Rang einer verfassungsrechtlichen Institution".

Die Politische Partei (von lat. pars "Teil") ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Menschen mit weitgehend übereinstimmenden Vorstellungen, wie das Gemeinwesen (Staat, Kommune) funktionieren sollte. Ihre Einflussnahme erfolgt durch die Mitwirkung in Parlamenten, Regierungen und andern Ämtern sowie durch öffentliche Meinungsäusserung und ausserparlamentarische Aktionen.

Eine repräsentative Demokratie ohne Parteien kann nicht funktionieren. Parteien wirken bei der politischen Willensbildung entscheidend mit. Zu ihren Aufgaben gehört es, ...

  • die unterschiedlichen politischen Vorstellung und Interessen in der Gesellschaft zu artikulieren, sie zu politischen Konzepten und Programmen zu bündeln und Lösungen für politische Probleme zu suchen,
  • in der Öffentlichkeit für ihre Vorstellungen zu werben und die öffentliche Meinung und die politischen Ansichten der einzelnen Bürger zu beeinflussen,
  • den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zu bieten, sich aktiv politisch zu betätigen und Erfahrungen zu sammeln, um politisch Verantwortung übernehmen zu können,
  • die Kandidaten für die Volksvertretungen in Bund, Ländern und Gemeinden und das Führungspersonal für politische Ämter zu stellen,
  • als Regierungsparteien die politische Führung zu unterstützen,
  • als Oppositionsparteien die Regierung zu kontrollieren, zu kritisieren und politische Alternativen zu entwickeln.

In Deutschland müssen Parteien registriert werden. Zur Gründung einer Partei bedarf es dabei einer bestimmten Menge an Unterschriften deutscher Staatsbürger. Die Partei muss innerhalb von sechs Jahren an mindestens einer Bundestags- oder Landtagswahl teilnehmen, um weiterhin als Partei anerkannt zu werden. In Deutschland kann eine Partei durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden, wenn sie verfassungsfeindlich agiert.

Parteitypen

Man unterscheidet heute immer noch grob nach "linken" und "rechten" Parteien. Diese Unterscheidung geht auf das französische Parlament zur Restaurationszeit zurück. Dort saßen die Gegner der Regierung vom Parlamentspräsidenten aus gesehen links. Andere und oft signifikantere Unterscheidungen sind:

1. Unterscheidung nach dem Organisationsgrad:

  • Wählerpartei: Die Zahl der Wählerinnen und Wähler liegt im Vergleich zu den Mitgliedern unverhältnismäßig hoch. Die Bindung an die Partei ist meist nur schwach ausgeprägt.
  • Mitgliederpartei: Vor allem Arbeiterparteien verfügten schon frühzeitig über einen festen durchorganisierten Parteiapparat und stellten einen relativ hohen Anteil an Mitgliedern. Eine Mitgliederpartei weist einen beträchtlichen Organisationsgrad auf. Daher lässt sich ein erheblicher Teil ihrer Ausgaben durch Mitgliedsbeiträge decken.

2. Unterscheidung nach gesellschaftspolitischen Zielen:

  • Nationalistische Parteien: Die demokratischen Spielregeln ablehnend, verbreiten sie nationalistisches Gedankengut, das sich oft mit einer verschwommenen Volkstumsideologie und rassistischen Vorstellungen verbindet.
  • Konservative Parteien: Sie wollen das "Bewährte" erhalten beziehungsweise wiederherstellen. Sie stehen Neuerungen und Veränderungen skeptisch gegenüber, betonen aber, dass sich traditionelle Prinzipien nicht ohne maßvolle Reformen auf Dauer behaupten lassen.
  • Liberale Parteien: Sie berufen sich auf die Freiheitsrechte des Individuums und berufen sich dabei auf den Rechtsstaat. Eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel wird abgelehnt.
  • Sozialdemokratische/Sozialistische Parteien: Sie streben eine auf sozialer Gerechtigkeit und annähernder sozialer Gleichheit der Menschen beruhende politische Ordnung an und engagieren sich besonders für die wirtschaftlich Schwächeren.
  • Kommunistische Parteien: Unabhängig von der möglicherweise abweichenden Meinung der Bevölkerungsmehrheit sehen sie sich als Partei des gesellschaftlichen Fortschritts und propagieren die Diktatur des Proletariats.

3. Unterscheidung nach dem politischen Einzugsbereich:

  • Volkspartei: Sie versucht, die Interessen und Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen. Sie grenzt sich daher nicht von bestimmten Bevölkerungsschichten ab, sondern integriert möglichst viele Bürgerinnen und Bürger. Weltanschauliche Gesichtspunkte spielen für das Programm einer Volkspartei eine untergeordnete Rolle.
  • Interessenpartei oder Themenpartei: Sie fühlt sich den Interessen einer ganz speziellen (zum Beispiel sozialen, konfessionellen, regionalen) Gruppe verpflichtet und erhebt nicht den Anspruch, für alle Teile der Bevölkerung gleichermaßen wählbar zu sein.

4. Unterscheidung nach der Funktion im politischen System:

  • Regierungspartei: Diese Partei war bei den Wahlen siegreich und stellt bis zu den nächsten Wahlen die Mitglieder der Regierung. Dabei kann es mehrere Regierungsparteien geben, die zusammen - als Koalition - die Regierung stellen.
  • Oppositionspartei: Diese Partei ist bei den Wahlen unterlegen und stellt die Opposition im Parlament. Es kann ebenfalls mehrere Oppositionsparteien geben, deren Ziel es ist, sich dem Wähler durch das Aufzeigen von Alternativen für die nächste Wahl zu empfehlen.

Selbstverständlich gibt es bei der Klassifikation von Parteien häufig fließende Übergänge.

Grundsätze des Parteiensystems

Der Wirkungszusammenhang von Beziehungen zwischen allen Parteien wird als Parteiensystem bezeichnet. Das deutsche Grund- und Parteiengesetz legt für das Parteiensystem verschiedene Grundsätze fest. So verlangt das Grundgesetz (Art. 21, Satz 1 und 2) das Mehrparteienprinzip und schließt das Einparteiensystem aus. Es herrschen Parteienfreiheit und Chancengleicheit. Das heißt, jeder Bürger kann eine Partei gründen. Jede Partei kann an Wahlen teilnehmen und dafür für sich im öffentlichen Fernsehen, auf Plakaten etc. werben sowie öffentliche Räume für Wahlveranstaltungen nutzen. Für alle Parteien ist dabei eine innerparteiliche Demokratie vorgeschrieben: Alle Entscheidungen müssen von den Parteimitgliedern oder Delegierten in Wahlen und Abstimmungen getroffen werden. Parteiämter müssen jeweils für zwei Jahre in geheimer Wahl besetzt werden. Alle Mitglieder haben gleiches Stimmrecht. Parteien müssen weiterhin über ihre Einnahmen und Ausgaben öffentliche Rechenschaft ablegen (finanzielle Rechenschaftslegung). Das Parteiensystem mit seinen historisch und international variablen Strukturen und Verfahren erbringt daher zwei gegensätzliche Leistungen für das übergreifende politische System: Es sorgt zum einen für Stabilität und ermöglicht zum anderen politischen Wandel. Damit trägt es wesentlich zur Funktionsfähigkeit der modernen Demokratie im Sinne gesellschaftlicher Willensbildung und staatlicher Steuerung bei.

Bei modernen Demokratien kann man auch zwischen Mehrparteien- und Zweiparteiensystemen unterscheiden. Das Mehrheitswahlrecht trägt zur Bildung von Zweiparteiensystemen bei, wie sie zum Beispiel in Großbritannien und den USA existieren. Hier sind nur eine Regierungs- und eine Oppositionspartei im Parlament repräsentiert, bei allerdings vergleichsweise geringer Bindung des Abgeordneten an Vorgaben seiner Partei. Das Verhältniswahlrecht begünstigt die Bildung eines Parlaments mit mehreren Parteien, wobei jedoch im Allgemeinen die Fraktionsdisziplin eine größere Rolle spielt (z.B. Niederlande, Deutschland). Zweiparteiensysteme führen zu klaren Mehrheiten, bei der die Regierungsbildung sehr einfach ist. Mehrparteiensysteme führen hingegen zu Koalitionsregierungen, die schwieriger zu bilden sind und wo es leicht zu internen Konflikten kommt. Ein Mehrparteiensystem spiegelt dafür die komplizierte gesellschaftliche Wirklichkeit besser wider. Einparteiensysteme finden sich nur in nicht-demokratischen Staaten.



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